Mittwoch, 14. Oktober 2009

Kim Jong-ils Nierenfunktion und meine Weiterbildung

Ihr fragt euch, was ich eigentlich bei der Hanns-Seidel-Stiftung so treibe? Ich habe es euch doch gesagt: Dafür sorgen dass, wenn ich abreise, koreanische Familien wieder gemeinsam Weihnachten feiern können. (Natürlich nur der kleine christliche Teil der Bevölkerung. Die anderen können meinetwegen machen, was sie wollen.) Den Aussöhnungsprozess zwischen Süd- und Nordkorea voranzutreiben ist jedoch nur eine der Aufgaben, die sich die Hanns-Seidel-Stiftung, die weltweit unter dem Leitmotiv „Im Dienst von Demokratie, Frieden und Entwicklung“ in der Entwicklungshilfe tätig ist, in Korea vorgenommen hat. Sie hilft außerdem in politischen Fragen zur dezentralisierten Verwaltung (Südkorea ist ja erst seit 1987 eine Demokratie), versucht Partner für Entwicklungsprojekte in Nordkorea zu gewinnen, um dort „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leisten und setzt sich zudem für das Engagement von Frauen in der Politik ein. Detailliertere Informationen findet ihr auf der Website.

Und ich? Ich trinke morgens erstmal einen Kaffee. Dabei lese ich im Internet die wichtigsten Nachrichten oder eine koreanische Zeitung. Da meine offizielle Position Researcher ist, researche ich natürlich sehr viel. Wie schon berichtet bin ich dabei eine Präsentation zum Thema „Green Growth in Germany“ zu erstellen, die mein Chef im November auf einer Konferenz in Jeonju halten wird, zu der ich ihn voraussichtlich begleiten kann. Außerdem erstelle ich gerade einen Quartalsbericht zur jeweiligen wirtschaftlichen und politischen Lage der Koreas und zu den innerkoreanischen Beziehungen. Was da alles abgeht! Nordkorea feuert sinnloserweise und ohne erkenntliche Absicht für 700 Millionen Dollar Raketen ins Meer, während die Bevölkerung hungert. Pjöngjang hält amerikanische Journalisten wegen „anti-nordkoreanischen Aktivitäten“ gefangen, bis Bill Clinton hinreist und sie mit seinem Charme frei redet. Dabei kann Clintons Arzt auch gleich mal Kim Jong-il, den Präsidenten Nordkoreas ,unter die Lupe nehmen – über dessen Gesundheitszustand zerbrechen sich nämlich alle den Kopf. Nach einem Schlaganfall scheint er auch an einer Stoffwechselkrankheit wie Diabetes oder Nierenfehlfunktion zu leiden, außerdem munkelt man, dass er Bauchspeicheldrüsenkrebs habe. Die CIA erstellt eine Ferngutachten und gibt im mit einundsiebzigprozentiger Wahrscheinlichkeit nur noch fünf Jahre zu leben. Währenddessen prügeln im südkoreanischen Parlament Abgeordnete der regierenden Grand National Party und der oppositionellen Democratic Party aufeinander ein, weil sie Differenzen zu einem neuen Mediengesetz haben und kampieren im Parlament. Nordkorea ermöglicht Familienzusammenführungen und kassiert dafür seit dem Jahr 2000 1,6 Milliarden Dollar für 1600 Menschen, die zusammengeführt werden – also schlappe 1 Million pro Zusammenführung.


Mal muss ich fast lachen, mal ist mir eher zum Weinen zumute, wenn ich das lese. Es übersteigt die Grenzen meines Verstandes, wie sich eine Regierung so verhalten kann. Ihre Bevölkerung ausquetscht, sie hungern lässt, sie in Arbeitslager schickt, sie von der Außenwelt und ihren Familienangehörigen abschneidet und das Geld für sinnlose Militärdemonstrationen und eigenen Luxus zum Fenster rausschmeißt. Es tut mir leid das zu sagen, aber wahrscheinlich ist, dass ich es doch nicht schaffen werde, die Wiedervereinigung bis Weihnachten zu erreichen, aber ich bin trotzdem froh einen winzigen Teil dazu beizutragen, die Lebensbedingungen für die Nordkoreaner ein bisschen zu verbessern.


Ich lerne hier sehr viel über Dinge, mit denen ich vorher noch nie etwas zu tun hatte. Natürlich über die Geschichte der Koreas und auch über die koreanische Kultur, aber auch Allgemeines zum Thema Politik. Das macht mir sehr viel Spaß (meistens jedenfalls) und ja, es erweitert meinen Horizont. Außerdem bin ich noch für Übersetzungen vom Deutschen ins Englische und umgekehrt zuständig. Übersetzt mal „Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten“! Insgesamt sind diese politischen Institutionen und Positionen jedes Mal eine kleine Herausforderung. Ich will gar nicht wissen, was am Ende da für ein Blödsinn rauskommt. Und wenn das dann noch weiter ins Koreanische übersetzt wird ... Dazu telefoniere oder maile ich noch ab und zu mit Deutschland, um zum Beispiel eine Besichtigung in Dresden für eine Studienreise klar zu machen. Und morgen gehe ich zum Wissenschaftlichen Gesprächskreis im Goethe Institut.


Noch drei Worte zu meinen Kollegen. Es gibt zwei Deutsche: Meinen Chef, Dr. Seliger, der Repräsentant der Stiftung ist und Sarah, die Senior Researcher ist. Und drei Koreaner: Young-soo ist Projektmanager und spricht sehr gut Deutsch, Soo-jin ist Projektkoordinatorin und kann ebenfalls Deutsch und was Hyunwoo eigentlich genau macht, weiß ich nicht, auf jeden Fall spricht sie sehr gut Englisch. Soohyun, meine Mitpraktikantin hatte leider heute ihren letzten Tag. (Ja, ich musste mir alle Namen aufschreiben und habe bis heute gebraucht sie auswendig schreiben zu können. Okay, das ist gelogen, ich musste bei Hyunwoo und Soohyun wieder nachgucken. Mist!)


Soohyung und Young-soo, Soo-jin und Hyunwoo
, Sarah

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