Dienstag, 17. November 2009

Off Topic Korea: Wie kann man denken ohne Bücher?*

Ich bin schon immer ein absoluter Bücherwurm gewesen. In meiner Kindheit hatte das schon fast asoziale Züge - meine Mutter musste mich zwingen raus zu gehen, um mit den anderen Kindern zu spielen, statt alle Bände von Hanni und Nanni, den drei Fragezeichen und Co, sowie sämtliche Enid Blyton Bücher und den Rest der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Lanker Bücherei zu verschlingen. Ich war nicht wählerisch, ich war einfach nur schnell und hungrig. Mit der Zeit wurde die Literatur anspruchsvoller (na ja, mal mehr mal weniger) und ich hatte nicht mehr ganz so viel Zeit (die Versuche meiner Mutter mich zu sozialisieren waren einigermaßen erfolgreich), aber das Prinzip blieb für mich dasselbe: Lesen ist Lebenselixier.

Warum erzähle ich das? Ich habe heute auf der Onlineseite der Zeit einen Artikel gelesen, der davon berichtet, dass in Deutschland immer weniger gelesen wird, dass in der heutigen Gesellschaft Lesen ohne (Fakten)Informationsgewinn als Zeitverschwendung angesehen wird, dass viele Schüler und Studenten nicht mehr in der Lage sind schwierigere Texte intellektuell zu erfassen, und sogar Bücher für Schüler so vereinfacht werden, damit sie sie verstehen können (darunter nicht nur Shakespeare und Kleist, sondern auch Astrid Lindgren!). Es wird von einem BWL-Prof erzählt, der seine Studenten wissenschaftlich-philosophische Texte lesen und dann miteinander vergleichen lässt; unter anderem damit die Studenten lernen mit den Widersprüchen darin umzugehen und damit, dass sie nicht alles verstehen. Schließlich werden sie auch im Berufslesen einiges zu lesen bekommen, dass widersprüchlich und wenig verständlich ist. Ich finde die Idee großartig und wünsche mir, dass das mal ein Kölner Prof machen würde. Ein wenig mehr Textverständnis und weniger Fokus lediglich auf Zahlen und Modelle, würde dem ein oder anderen sicherlich gut tun.

Mal abgesehen von all den nicht direkt jobtechnisch verwertbaren Vorteilen, die das Lesen mit sich bringt und es so unfassbar faszinierend machen, auf die ich gleich kommen möchte, fördert regelmäßiges und verständiges Lesen einige Fähigkeiten, die das Arbeiten deutlich vereinfachen. Wer viel liest, lernt Informationen schnell und richtig zu erfassen, zu analysieren und zu verwerten. Wer dabei auch mal auf unterschiedliche Quellen zugreift merkt, wie leicht man sich von der Meinung eines Autors oder eines Journalisten vereinnahmen lässt. Wer viel liest, kann sich außerdem auch selber besser ausdrücken, strukturierter und präziser schreiben und somit viel Zeit sparen. Und beim Geschäftspartner wirkt es sicherlich auch professioneller, wenn es in der E-Mail nicht vor Rechtschreib- und Satzbaufehlern wimmelt. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass wer Abitur gemacht (und studiert hat), klare und fehlerfreie Sätze produzieren und Textinhalte richtig wieder geben kann, aber leider ist das nicht immer der Fall. Ich meine, dass ein bisschen Lesen da Wunder wirken würde.

Natürlich geht es mir beim Lesen um viel mehr als darum, ein paar wichtige Kernkompetenzen zu erlernen. Lesen ist für mich nicht reiner Informationsgewinn, sondern eröffnet neue Welten und bietet Denkimpulse. Es lässt mich manchmal die Geschichte besser verstehen und manchmal fühle ich mich auch selber besser verstanden – nicht mehr alleine mit meinen Gedanken, denn die hatte offensichtlich vor vielen Jahren schon mal jemand und das beruhigt mich. Nur durch das Lesen der Klassiker, kann ich auch die vielen versteckten Anspielungen in der neuen Literatur verstehen, erkennen, wie die Linien weiter verlaufen. Ich kann mich über einen guten Schreibstil so sehr freuen, wie über einen ästhetisch gedrehten Film. (Und die männlichen Hauptdarsteller sehen in meinem Kopf IMMER hervorragend aus.)

Aber was sollen all die Worte? Kann man die Menschen nicht einteilen in zwei Gruppen: Die, die lesen und die, die es halt nicht tun? In die, die sagen: „Warum sollte ich das Buch lesen? Ich kann doch auch gleich den Film gucken?“ Und die, denen fast schwindelig wird vor innerlichem Protest, wenn sie diesen gruseligen Satz hören? Kann man Menschen vom Lesen überzeugen? Kann aus einem Literaturverweigerer eine Leseratte werden? Ich weiß nicht. Aber ich werde es weiter versuchen zu missionieren.

Im Zeitartikel gibt es auch ein paar Tipps zum schnell Lesen. Dann geht wenigstens nicht so viel Zeit verloren.

* George Bernarnd Shaw, Literaturnobelpreisträger (was soll der auch anderes fragen?). Na klar kann man denken ohne Bücher. Aber Büchern können das Denken einfach ungemein bereichern.

4 Kommentare:

Stefan hat gesagt…

Mein Bücherstapel in Seoul wird auch immer größer. Absolute Zustimmung zu deinem Beitrag! LG Stefan

Lottchen hat gesagt…

Ob aus mir nochmal ein Bücherwurm wird...?
Abi wird deine Meinung auf jeden Fall teilen! Sie liest jetzt freiwillig Schiller und Goethe und lässt fragen, ob du "Faust" in Meerbusch hast!;-)

Judith hat gesagt…

Ach Lotti, du bist doch schon fast zum Bücherwurm konvertiert worden durch den imensen Druck in der Familie. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass irgendwann die Verwandlung perfekt ist!

Was Faust angeht, weiß ich das nicht. Guck mal in meinem Zimmer nach. Ich glaube, dass ist ein grünes Buch, muss aber nicht sein ... Sehr vorbildlich, die Abi!

Anonym hat gesagt…

Liebe Judith,

der erwähnte BWL-Prof im Zeit Artikel ist übrigens einer meiner Profs. Seine Vorlesungen sind auf jeden Fall interessant. Gutes Marketing. Aber manchmal ist es eben auch nur Marketing...

Grüße aus Berlin

Johannes